Krankheitsbild

Typhus abdominalis kann weltweit vorkommen. In Deutschland ist diese Erkrankung durch seuchenhygienische Maßnahmen stark zurückgegangen, jedoch muss auch hier immer wieder mit aufflackernden Krankheitsfällen gerechnet werden. Hauptsächlich besteht diese Gefahr durch Einschleppung des Typhus durch Reisende.

Epidemiologie

Der Erreger des Abdominaltyphus kommt weltweit vor. Pro Jahr werden über 43 Millionen Erkrankungen gemeldet, davon etwa 200 in Deutschland. Die Dunkelziffer dürfte jedoch groß sein. Abhängig von den hygienischen Verhältnissen ist die Infektionsgefahr in einzelnen Ländern unterschiedlich. Am größten ist sie in Nord- und Zentralafrika sowie in Mexiko. Prinzipiell sind alle warmen Länder besonders betroffen. Aus diesen Regionen werden nach Deutschland zunehmend mehr Typhusfälle eingeschleppt.
Für den Reisenden ist der Grad der Gefährdung abhängig vom Hygienestandard der Reise. Clubreisen und Aufenthalte in internationalen Hotels sind weniger gefährlich. Treckingreisende sind häufiger betroffen. Selbst durch vorsichtiges Verhalten läßt sich die Ansteckungsgefahr nicht vollständig ausschließen. Man blickt meistens nicht hinter die Küchentüre der Restaurants.

Erreger und Ansteckung

Salmonella typhi ist ein gramnegatives Stäbchen mit peritrichen Geißeln. Die Infektionen erfolgen fast ausschließlich oral. Als Quellen kommen direkte oder indirekte Ansteckungen von Mensch zu Mensch, Kontakt mit Kranken und Dauerausscheidern in Betracht. Besondere Gefahrenquellen sind durch typhöse Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser, Milch, Fleisch und andere Nahrungsmittel, z.B. Kartoffelsalat. Bei unsachgemäßer Lagerung vermehren sich die Erreger massiv. Kochen tötet die Keime ab. Damit geht die Gefahr hauptsächlich von rohen, ungekochten Speisen aus, insbesondere wenn diese schon länger gelagert sind.
Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit ist unterschiedlich lang. Sie bleibt bis zur völligen Keimfreiheit von Stuhl und Urin bestehen.
Eine besondere Gefahr sind Dauerausscheider, die unter Umständen jahrelang die Seuche verbreiten können. Zu Dauerausscheidern werden 5% der Erkrankten oder Infizierten und damit zu Ansteckungsquellen für andere. In Deutschland werden jährlich etwa 1.700 Dauerausscheider registriert. Die Erkrankung ist bei uns meldepflichtig. Alle Gemeldeten werden vom Gesundheitsamt überprüft. Tätigkeiten im Lebensmittelbereich sind während der Zeit der Ausscheidung untersagt. Somit ist die Ansteckung für besondere Berufsgruppen sogar teilweise existenzbedrohend.

Krankheitsbild

Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 60 Tage, meist 10 bis 14 Tage. Die Empfänglichkeit für die Erkrankung ist abhängig vom Allgemeinzustand und der Exposition, aber auch die Magenazidität spielt eine wichtige Rolle, weshalb man extreme Völlereien vermeiden sollte. Die Zahl der aufgenommenen Salmonellen scheint mit entscheidend für den Ausbruch der Erkrankung zu sein, deshalb ist die Frische der Speisenzubereitung ein Sicherheitsmoment.
Im Gegensatz zu anderen Salmonellentypen überwindet der Typhuserreger die Darmbarriere, so daß die Infektion den ganzen Körper befällt. Der Krankheitsbeginn ist uncharakteristisch mit Mattigkeit, Kopfschmerzen und langsamem ,treppenförmigem“ Fieberanstieg. Nach den etwa eine Woche anhaltenden Prodromi setzt die sog. Kontinua mit Temperaturen um 40°C für ein bis zwei Wochen ein. Es kommt zu einer starken Beeinflussung des Sensoriums. Typisch ist die graugelb belegte ,Typhuszunge“. Weitere Anzeichen sind relative Bradykardie, Leukopenie (2.000 bis 4.000), und die Linksverschiebung. Ab dem 10. Krankheitstag bilden sich auf der Bauchhaut Roseolen. Es kommt zu Milzschwellung, erbsbreiähnlichen Durchfall, Haarausfall, Dekubitus. Bei komplikationslosem Verlauf setzt in der 4. Woche nach morgendlicher Fieberremission eine stufenweise Entfieberung ein. Die Rekonvaleszenz ist langdauernd. Als Komplikationen können toxisches Kreislaufversagen, Darmblutung, Darmgeschwüre, mit evtl. Darmperforation, Peritonitis, Pneumonie, Myokarditis, Milzruptur, Thrombosen, Meningoenzephalitis, Cholangitis, Cholezystitis und Osteomyelitis auftreten. Somit muß die Erkrankung als durchaus lebensbedrohlich eingestuft werden. Besonders gefährdet sind natürlich Abenteuerreisende ohne entsprechende medizinische Versorgungsmöglichkeiten.
Typhus ist damit, insbesondere in den Anfangsstadien, nicht so sehr eine Erkrankung des Darmes sondern des ganzen Organismus.

Labordiagnose

Die diagnostische Sicherung der Typhuserkrankung erfolgt in den ersten beiden Krankheitswochen durch Blutkultur. Ab Ende der zweiten Woche durch bakteriologische Untersuchungen von Stuhl, Galle und Urin.
Vorläufige serologische Untersuchungen können nach 24 bis 48 Stunden mit der Objektträgeragglutination erfolgen. Das endgültige Resultat kann frühestens nach 3 Tagen feststehen. Der Nachweis mit der Gruber-Widal-Agglutinationsprobe kann frühestens gegen Ende der ersten Krankheitswoche geführt werden. Der Titeranstieg stützt die Diagnose.

Therapie

Die Behandlung erfolgt mit Flüssigkeits- und Elektrolytersatz, sowie durch kalorienreiche Ernährung und pflegerische Allgemeinmaßnahmen. Bei toxischen Verlaufsformen werden Glukokortikosteroide eingesetzt. Cefotaxim und Cotrimoxazol kommen erregerspezifisch zum Einsatz. Die Behandlungsmöglichkeiten sind relativ gut bei frühzeitigem Therapiebeginn. Bereits eingetretene toxische Schädigungen sind meist nicht mehr reversibel. Somit sterben etwa 20% der Erkrankten, oft weil die Diagnose zu spät gestellt wird.
Die Behandlung muß immer stationär erfolgen, was in vielen Reiseländern ein Problem für den Touristen bedeutet. Auch deshalb ist die Vorbeugung von ausschlaggebender Wichtigkeit.

Prophylaxe

Der wichtigste Schutz ist angepaßtes Verhalten. Nach Möglichkeiten sollten in den gefährdeten Regionen nur abgekochte und durchgegahrte Gerichte gegessen werden. Getränke müssen abgekocht oder original verpackt sein. Eiswürfel können auch vermehrungsfähige Erreger enthalten.

Die Typhusimpfung & Impfindikation

Die Typhusimpfung sollte immer dann durchgeführt werden, wenn eine vergleichbar höhere Gefährdung des Reisenden durch diese Krankheit besteht.
Die Indikation zur Typhusimpfung zu stellen ist abhängig

  • vom Reiseziel: Tropische oder subtropische Regionen; Regionen mit niedrigem Hygienestandard; Endemiegebiete oder Epidemiegebiete
  • von der Art des Reisens
  • Geschäftsreisende: Diese sind oft besonders gefährdet, da sie sich bei Einladungen die Lokale nicht selbst heraussuchen können.
  • Trekkingreisende unter schlechten Hygienebedingungen
  • Abenteuerreisen mit Besuch von Hotels oder Gaststätten niedriger Kategorien
  • längerdauernde Arbeitsaufenthalte in warmen Ländern (G35 der berufsgenossenschaftlichen Richtlinien).
  • Besonders wichtig ist die Impfung für Kinder, da diese es meist mit der Hygiene nicht so genau nehmen und oft alles in den Mund stecken.

Nur relativ ist die Indikation zu stellen bei Pauschalreisen in guten Hotels oder Clubanlagen ohne intensiven Besuch des Landes. Dies gilt ebenso für Schiffsreisen. Bergsteiger und andere Reisende, die sich ausschließlich selbst versorgen, sind kaum gefährdet, wenn sie die elementaren Grundregeln der Nahrungsmittelhygiene beachten.Prinzipiell ist die Indikation bei der guten Verträglichkeit dieser Impfung eher großzügig zu stellen. Wir versuchen in unserer Impfpraxis beide Impfstoffe immer abwechselnd zu impfen, um einen höheren Schutzfaktor für die Typhusimpfung zu erreichen.

Impfstoff

In Deutschland sind derzeit zwei hochwirksame und gut verträgliche Impfstoffe zugelassen:

  • Der orale Typhusimpfstoff: Hierbei werden insgesamt drei Tabletten eingenommen, jeweils im Abstand von zwei Tagen. Die Kühlkette ist zu beachten. Die Kapseln müssen im Ganzen geschluckt werden, was die Anwendung bei kleinen Kindern einschränken kann. Nebenwirkungen sind, auch nach eigenen Erfahrungen, selten und beschränken sich meist auf leichtere Magen-Darm-Störungen an den Einnahmetagen. Die Schutzdauer für Reisende beträgt 1 Jahr, bei Aufenthalten in Endemiegebieten bis zu drei Jahre. Eine gleichzeitige Einnahme mit Mefloquin oder Antibiotika hemmt die Wirksamkeit. Das Einhalten der Kühlkette ist wichtig. Die Kapseln müssen entsprechend den Vorschriften unzerkaut geschluckt werden, was manchmal Schwierigkeiten bereitet.
  • Der parenterale Impfstoff: Dieser wird als Einzeldosis i.m. oder s.c. appliziert. Seine Schutzdauer beträgt drei Jahre. Er ist für Kinder ab 2 Jahren zugelassen. Nebenwirkungen sind außerordentlich selten und beschränken sich meist auf leichte Irritationen an der Einstichstelle. Die parenterale Impfung ist besonders wichtig für Kinder, die häufig Probleme mit dem Schlucken von großen Tabletten haben. Für beide Impfstoffe sind keine Abstände zu anderen Impfungen zu beachten. Es gelten die Empfehlungen auf der jeweiligen Gebrauchsinformation.

Beide Impfstoffe schützen vor der schweren Erkrankung an Typhus abdominalis. Bagatelldurchfallerkrankungen können durch sie nicht vermieden werden. Somit ist die Ess- und Trinkhygiene trotz Impfung zu beachten.